Inhalt der Beiträge zum sommer WEFF davos 2019

 

Finanzmärkte beeinflussen dein Leben
Ernst Wolff

 

Die meisten Menschen sind davon überzeugt, dass die parlamentarische Demokratie dafür sorgt, dass gewählte Politiker im Interesse der Mehrheit über unsere Zukunft entscheiden. Tatsächlich aber werden die Weichen für unsere Zukunft im Interesse einer winzigen ultrareichen Minderheit gestellt – und zwar nicht von Politikern, sondern von Investmentbankern, Hedgefonds-Managern und in immer grösserem Ausmass von Zentralbankern.

Diese von niemandem gewählten Technokraten entscheiden darüber, wie hoch unser Lebensstandard ist, ob wir Arbeit haben, im krankheitsfall versorgt oder im Alter abgesichert sind, wie mit unserer Umwelt umgegangen wird und nicht zuletzt, ob wir im Krieg oder im Frieden leben. Die parlamentarische Demokratie dient dabei als ideologischer Schutzwall, der es ihnen ermöglicht, hinter dem Rücken der Öffentlichkeit weitgehend ungestört zu schalten und zu walten.

Wie konnte es dazu kommen? Was hat dazu geführt, dass die Interessen einer winzigen Gruppe von Menschen den Lauf der Welt bestimmen? Und vor allem: Wie können wir verhindern, dass es auf Dauer so weitergeht?

Auf diese Fragen versucht Ernst Wolff in seinem Vortrag auf dem zweitägigen WEFF Kongress 2019 in Davos und bei einer anschliessenden Diskussion Antworten zu gegen.

 

 

 

Hintergründe der Spaltung und das Bewusstsein der Menschheitsfamilie
Armin Risi, Veda-Philosoph, Schriftsteller

 

Die Menschen waren früher nicht primitiv, sondern schöpften aus geistigen Urquellen und verfügten über ein zeitloses Mysterienwissen (im Sanskrit „Veda“ genannt), das wir heute in einer neuen Ganzheitlichkeit und Aktualität wieder entdecken. Wir leben in der Endphase eines „dunklen“ Zeitalters, das gemäss Veda-Zyklusrechnung vor rund 5100 Jahren begann. Die Seherinnen und Seher des vorangegangenen Zeitalters hatten aufgrund ihrer Zukunftsschau gesehen, dass in diesem Zeitalter „Dunkelheit“ vorherrschen wird: Abspaltung vom Licht, Unwahrheit, Lüge, Gewalt und weltliches Machtstreben.

Jede Spaltung erzeugt zwei Seiten, die sich als Fronten gegenüberstehen. Und jede dieser Seiten hält die eigene Hälfte für das Ganze und das Wahre. Heute leben wir in einer Zeit, in der die Einseitigkeit beider Seiten zu Extremen führt, die bedrohlicher sind als je zuvor. Provokativ und aktuell formuliert, sind die beiden Seiten dieser Spaltung der Atheismus und der Mono-Theismus. Es wären auch andere Gegenüberstellungen möglich, doch eine kritische Betrachtung des Zeitgeschehens zeigt, dass es gerade diese beide Seiten sind, die heute die größten Extreme darstellen – und diese Extreme sogar als Ziel anstreben.

„Atheismus“ umfasst das breite Spektrum von Materialismus bis Monismus. Mit Mono-Theismus bezeichne ich Religionen mit Absolutheits- oder Exklusivitätsansprüchen, die „Buchreligionen“. Atheismus und Mono-Theismus sind die beiden Seiten der gleichen Spaltung, sind also einseitig. Und Einseitigkeit bedeutet immer auch „Halbwahrheit“: Was die eine Seite zuviel hat, hat die andere zuwenig, und umgekehrt. Die Weltgeschichte zeigt, dass weder die atheistischen Systeme noch die Buchreligionen den Menschen Frieden und Versöhnung gebracht haben, ja nicht einmal Vernunft. Denn welche vernünftige Gesellschaft würde Kriege führen und die eigenen Lebensgrundlagen zerstören?

Wirkliche Problemlösungen kommen nicht von Außen und erst recht nicht durch Erzwingen (durch staatliche Autorität, totalitäre Maßnahmen, gewaltsame Revolutionen), sondern in erster Linie von Innen: durch geistiges Wachstum, d.h. durch Erweiterung des Bewusstseins. Diese Bewusstseinserweiterung erfordert eine Überwindung der Einseitigkeit beider Seiten. Ich nenne diesen Weg aus der Spaltung den „radikalen Mittelweg“: der Weg zur Wiedererlangung einer ganzheitlichen Sicht von Mensch, Kosmos und Bewusstsein. Wenn wir diesen Mittelweg verfehlen, wird die Zerrissenheit der heutigen Zivilisation noch weiter in die Extreme gehen. Ein Bewusstseinswandel ist notwendig, eine „radikale“ Neuorientierung. Das moderne Wort hierfür ist Paradigmenwechsel. (Radikal bedeutet wörtlich „bis zur Wurzel gehend“, von lat. radix, „Wurzel“.)

Dieser Paradigmenwechsel beruht auf der Verbindung von Spiritualität und echter, ganzheitlicher (nicht bloss materialistischer) Wissenschaft. Das heute in der Wissenschaft vorherrschende Weltbild ist der Materialismus („Naturalismus“) und entspringt einer ideologischen Programmierung. Wissenschaft müsste jedoch nicht materialistisch sein, genauso wie „Religion“ nicht fundamentalistisch und absolutistisch sein müsste. Der radikale Mittelweg führt über beide Einseitigkeiten hinaus und strebt nach einer Verbindung von ältestem Wissen und neuesten Erkenntnissen. Viele pionierhaft wirkende Menschen sind diesbezüglich rund um die Erde tätig, und das schon seit Jahrtausenden. Energie geht nie verloren, und so wird der Paradigmenwechsel durch unser gemeinsames Sein und Wirken nicht bloss Utopie bleiben. Denn das Veda-Wissen sagt, dass das „dunkle“ Zeitalter jetzt, nach über 5100 Jahren, zu Ende geht und in einen neuen, lichtvollen Zyklus übergeht.

 

 

Der Mensch kann Ressourcen schaffen und ein grosser Umweltnutzen sein
Martin Schmid

Mit den weltweit dominierenden Kulturen fühlen sich die Menschen aus dem Paradies verwiesen, also ein Fremdkörper neben der Umwelt. Spätestens mit der Aufklärung wurde dies zementiert. Und so geht auch die Umweltbewegung heute davon aus, dass der prinzipiell schädliche Umwelteinfluss des Menschen zu minimieren sei. Bis zur Selbstauslöschung. Jedes Lebewesen beeinflusst aber die Umwelt, ist Geschöpf und Schöpfer zugleich. Wenn wir uns wieder als Teil des Ganzen sehen, dann können wir auch annehmen, dass wir die Mitwelt mitgestalten können und dürfen, mit unserer schöpferischen Intelligenz und Liebe nachhaltig Schönheit schaffen können. Und Ressourcen: Das gleiche gilt hier – die bisherigen Denkmuster von „Die Erde sei Dir untertan“ führten zur Annahme, dass Ressourcen halt nur verbraucht werden können und irgendwann mal „aufgebraucht“ sind.

So werden wahnsinnigerweise angehende AgronomInnen an der ETH Zürich immer noch ge-lehrt (ge-leert?), dass Humusboden eine nichterneuerbare Ressource sei! Dem ist zum Glück nicht so – und es ist eine weltweit stark wachsende Bewegung zum Beispiel auch auf diesem Gebiet dabei, zu zeigen und zu leben, dass der Mensch sogar Ressourcen schneller wieder aufbauen kann, als dies die Mitwelt ohne die Unterstützung des Menschen tun könnte. U.a. eben mit regenerativer Landwirtschaft.

Damit das jetzt nicht zum rein theoretischen und philosophischen Exkurs wird, und weil das Ökozentrum ein „Make-Tank“ ist – also Lösungen entwickelt und mit proaktiven Partnern weltweit verbreitet, wird der Maschineningenieur und gelernte Konstrukteur Martin Schmid Anhand seiner Arbeit aufzeigen, wie das in der Praxis geht. Anhand der „Terra-Preta“ Methode, mit welcher wir die Humus- und Kohlenstoffwende schaffen werden:

Die grösste physische Aufgabe der Menschheit im 21sten Jahrhundert ist der Wiederaufbau des Humusbodens. Dies wird gleichzeitig den Süsswasserhaushalt, die Ernährungssicherheit, das Wetter und die Temperaturen (das Micro- und Makroklima), die ländliche Energieversorgung verbessern. Dadurch werden sich auch Landflucht, sowie Dürre, Staunässe und andere Extremwetter-Auswirkungen reduzieren. Nebenbei wird die Landwirtschaft von der Hilfsstoffabhängigkeit befreit und wieder erstrebenswert.

 

 

 

Warum arbeiten wir so viel? Wege in eine Wirtschaft, die den Menschen dient
Christian Kreiß

 

1930 prognostizierte John Maynard Keynes, dass wir im Jahre 2030 aufgrund der rasanten technischen Fortschritte nur mehr eine 15-Stunden-Arbeitsowche bzw. einen 3-Stunden-Arbeitstag haben würden. Nicht nur Keynes, immer wieder haben Ökonomen dies gesagt und auch heute wird es für die Zukunft prophezeit. Die vorhergesagten Produktivitätszuwächse sind aufgrund der großartigen technischen Erfindungen des Menschengeistes tatsächlich eingetreten. Trotzdem ist seit beinahe 50 Jahren die Erwerbsarbeitszeit in den meisten Industrieländern praktisch nicht mehr gesunken. In jüngerer Zeit ist sie gar gestiegen und Druck und Stress am Arbeitsplatz haben zugenommen. Wie kann das sein? Warum arbeiten wir eigentlich so viel?

Seit die industrielle Revolution vor gut 200 Jahren begann, rollen über die Menschheit Welle um Welle von Produktivitätsschüben, die durch neue Erfindungen, Technik und Organisationsformen ausgelöst werden. Das steigerte in den Industrieländern den materiellen Wohlstand in ungeheurem Ausmaß. Und das ist ein Segen. Wir Menschen können dadurch von harter körperlicher Arbeit befreit werden und uns den wichtigen Dingen und Lebensfragen widmen. Warum tun wir das eigentlich nicht?

Wir stehen nun vermutlich vor einer weiteren solchen Technologiewelle in Form von „Industrie 4.0“ (Schlagworte dazu sind: Künstliche Intelligenz, Digitalisierung, Computerisierung, Ausbau der Robotertechnik, Verzahnung und Vernetzung von Prozessen, fahrerlose Autos usw.). Wie werden wir damit umgehen?

Diese und ähnlichen Fragen werden in dem Vortrag aufgeworfen. Dabei wird auch auf die geistigen Hintergründe und Auswirkungen dieser Entwicklungen eingegangen. Und selbstverständlich werden auch mögliche Lösungen aufgezeigt.

 

 

 

Wollen wir weiterhin unsere Wasserverschmutzung und Umweltzerstörung subventionieren?
Franziska Herren – Initiantin der www.Initiative-für-sauberes-Trinkwasser.ch

 

Die Schweizer Bevölkerung wird über die Folgen der heutigen, von Pestiziden, Antibiotika und Importfutter abhängigen Lebensmittelproduktion, die sie mit jährlichen Milliardenzahlungen unterstützt, gezielt im Unklaren gelassen.

Keine Verpackung und erst recht kein Werbeplakat und Werbespot zeigen auf, dass Schweizer Fleisch zu 50% auf Importfutter beruht (bei Schweizer Eiern gar 70%). Die mit diesem System verbundenen immensen Umwelt- und Gesundheitsschäden im In- wie im Ausland bleiben im Verborgenen.

In der Schweiz führt der Import von Futtermitteln zu enormen Überschüssen an Gülle- und Ammoniak. Die überschüssige Gülle überdüngt unsere Böden und Seen und gelangt als Nitrat in Grundwasser und Trinkwasser. Nitrat ist krebserregend. Das stickstoffhaltige Ammoniak-Gas, das man überall in Ställen und beim Ausbringen der Gülle riecht, überdüngt und versauert Landschaften, Wälder und Gewässer und zerstört die Biodiversität. Es schädigt das Klima und belastet unsere Lungen mit Feinstaub. Zwei Drittel der atmosphärischen Stickstoffeinträge in der Schweiz stammen aus Ammoniakemissionen, fast vollständig aus der Landwirtschaft (95%).

Auch von der Antibiotika-Krise, die durch die hochintensive Tierhaltung mitverursacht wird, erfährt die Öffentlichkeit wenig. Die im Tonnenmassstab regelmässig und prophylaktisch verabreichten Antibiotika gelangen via Gülle und Mist auf die Felder und von dort in den Was­ser­kreislauf. Dort beschleunigen sie die Entwicklung von antibiotikaresistenten Bakterien. Die Eidgenössische Fach­kommis­sion für biologische Sicherheit hat diese Bakterien zur „grössten Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung in der Schweiz“ erklärt. Diese Bakterien verbreiten sich über die Gewässer, die Nahrung und das Trinkwasser.

Die von der Landwirtschaft eingesetzten Pestizide finden sich in den Fliessgewässern als Cocktails von bis zu 146 Wirkstoffen. Bei jeder fünften Trinkwassermessstelle misst man die Agrargifte und deren Abbauprodukte in Mengen über dem Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter, in intensiven Ackerbaugebieten sogar bei 70% der Messstellen. Dass der Bund nun für die meisten Pestizide die Grenzwerte für Oberflächengewässer erhöhen will – beim europaweit umstrittenen Herbizid Glyphosat um das 3600-fache – ist ein Einknicken vor der Pestizidlobby.

Seit über 20 Jahren unterstützt die Schweiz ihre Bauern mit Direktzahlungen in Milliardenhöhe, um die Umweltbilanz der Landwirtschaft zu verbessern. Doch noch immer erreicht die Landwirtschaft kein einziges ihrer gesetzlichen Umweltziele. Die Trinkwasserinitiative sorgt dafür, dass die Milliarden an Subventionen neu ausschliesslich in eine trinkwasser-, gesundheits- und umweltgerechten Lebensmittelproduktion investiert werden - denn wir bestimmen nicht nur beim Einkaufen von unseren Lebensmitteln, wie diese produziert werden, sondern am Meisten beim Zahlen unserer Steuern.

Franziska Herren ist Mutter von 2 erwachsenen Kindern, Inhaberin eines Fitnesscenters und Präsidentin des Vereins Sauberes Wasser für alle. Sie ist zutiefst überzeugt, dass wir Menschen viel mehr können, als unsere Lebensgrundlange zu zerstören. Wir haben die Fähigkeit gemachte Erfahrungen zu reflektieren, daraus zu lernen und neu zu handeln. Aus dieser Überzeugung hat sie die Eidgenössische Volksinitiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung -Keine Subventionen für den Pestizid- und prophylaktischen Antibiotika-Einsatz» ins Leben gerufen.

 

 

 

Syrien, Sanktionen, Massenmigration und die Massenmedien
Helmut Scheben

 

In dem Film „American Sniper“ sagt der Held, ein US-Scharfschütze, er müsse im Irak seine Heimat verteidigen, „damit sie nicht bis nach Los Angeles kommen.“  Nämlich die bösen Soldaten des Saddam Hussein.  In Deutschland wird der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan mit dem Argument gerechtfertigt, die westliche Freiheit werde am Hindukusch verteidigt, und während des Vietnamkrieges waren NATO-Politiker überzeugt, in Saigon gehe es um Sein oder Nichtsein des christlichen Abendlandes.

Vor dem eigenen Volk, dem eigenen Gewissen und der Weltöffentlichkeit sind Angriffskriege leichter zu rechtfertigen und durchzusetzen, wenn man erzählt, sie seien unvermeidlich, um leidenden Menschen zu helfen, Tyrannen zu stürzen und Demokratie wiederherzustellen. In Wirklichkeit geht es bei den meisten Kriegen um die Besetzung von strategisch wichtigen Regionen, um den ungehinderten Zugang zu Energiequellen, um Hegemonialansprüche und um die Interessen der Rüstungsindustrie. Diese ist zum Beispiel in den USA zu einem gigantischen King Kong gewachsen, der ununterbrochen von Steuergeldern gefüttert werden muss. Um die Rüstungs-Budgets durch die Parlamente zu bringen, kommen Feinde, Konflikte und Bedrohungen stets gelegen. 

Im Syrien-Konflikt  wurde und wird bis heute die Erzählung verbreitet, das syrische Volk habe sich erheben und bewaffnen müssen, um den Tyrannen Assad zu stürzen. Der Westen sei daher moralisch verpflichtet, dem unterdrückten syrischen Volk zu helfen. Für diese Hilfe flossen Milliarden Dollar aus Katar, Saudiarabien, USA, Grossbritannien und aus anderen NATO-Ländern.

Tatsache ist aber, dass der Krieg von den Golfmonarchien und den führenden NATO-Staaten langfristig geplant wurde, um die Regierung Assad zu stürzen und in Syrien ein folgsames Regime zu installieren. Man wollte nach dem gleichen Drehbuch vorgehen wie im im Irak und in Libyen. Dies lässt sich mit einer Reihe von Dokumenten nachweisen, die den grossen westlichen Medien sehr wohl bekannt sind, die sie aber ignorieren, um ihr Gesicht zu wahren. Sie haben - ähnlich wie in den Kriegen im Irak, in Libyen, im Jemen - die westliche Propaganda kaum in Frage gestellt und halten jetzt daran fest, um ihre Glaubwürdigkeit nicht noch mehr zu ramponieren.

Helmut Scheben hat die Kriege auf dem Balkan als Journalist miterlebt und ist spätestens dort skeptisch geworden gegenüber den offiziellen westlichen Erzählungen. Nach den Desastern in Afghanistan, im Irak und in Libyen hat er die Entstehung des Konfliktes in Syrien von Anfang an scharf beobachtet und  ist nach Syrien gereist, um sich ein Bild der Lage zu machen.

 

 

 

BIP-Wachstum braucht auch Bevölkerungswachstum
Alec Gagneux

 

Mit dem BIP (Bruttoinlandprodukt) versuchen Staaten den Wohlstand zu messen. Wächst das BIP, dann frohlocken die meisten Medien, Wirtschaftsexperten und Politiker. Schrumpft es, dann kollabiert das momentane Geldsystem. Also wird exponentielles Wirtschaftswachstum (mehr BIP) von allen Parteien gefördert: Mehr BIP ist „gut“, weniger ist „schlecht“. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz sagte 2016 in Davos, dass das Messen vom BIP grosser Unsinn ist: „Wenn wir das Falsche messen, dann machen wir auch das Falsche… - wir müssen dies überarbeiten.“ Stiglitz erklärte, dass mehr BIP-Wachstum die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet statt schliesst.

Im Infosperber vom 15.11.17 schreibt Hanspeter Guggenbühl: „Mehr als die Hälfte der BIP-Zunahme in der Schweiz ist seit der Jahrtausendwende auf die starke Zunahme der Bevölkerung zurück zu führen.“ Je mehr Menschen es also hat, umso mehr kann mit einem Zuwachs vom BIP gerechnet werden.

Die Agenda 2030 – die Sustainable Development Goals (SDG’s) der UNO – verlangt unter Ziel 8 und 8.1. ausgerechnet „dauerhaftes, breitenwirksames, nachhaltiges BIP-Wachstum“ – für arme Regionen mindestens 7%. Das bedeutet, alle 20 Jahre eine ver-4-fachung von Plastik, Autos, Strassen, Häusern, Kriegsmaterial, Naturzerstörung. Dieser Wahn wird auch von praktisch allen Entwicklungs- und Umwelt-Experten unterstützt.

Entscheidungsträger wollen die Natur unter anderem mittels BIP-Wachstum schützen. Da mehr Menschen auch mehr BIP in Aussicht stellt, ist das Bevölkerungswachstum für diese Leute ein Muss. Der Papst schreibt 2015 in seiner Umweltenzyklika Laudato Si (Abschnitt 50) „…dass eine wachsende Bevölkerung mit einer umfassenden und solidarischen Entwicklung voll und ganz zu vereinbaren ist.“ Wer so eine Entwicklung erleben will, der kann vatikanische Organisationen prüfen und sich um einen Geschäftsbericht der Vatikanbank bemühen…

Alle 12 bis 15 Jahre zählt die Menschheitsfamilie etwa eine Milliarde mehr – pro Tag die Bevölkerung der Stadt Genf. Hätten alle Menschen Zugang zum UN-Menschenrecht auf Familienplanung, dann gäbe es mindestens 50 Millionen weniger ungewollte Schwangerschaften und 25 Millionen weniger Abtreibungen – jedes Jahr. In Togo müssen jährlich etwa 6% der Mädchen die Schule verlassen, weil sie Mutter werden! Um diese riesige Leiden reduzieren zu können braucht es Geld. Ausgerechnet der UNFPA (UNO Bevölkerungsfonds) fehlen aber jedes Jahr zwischen 4 und 8 Milliarden, um möglichst allen Menschen das Menschenrecht auf freiwillige Familienplanung zu gewährleisten.

Warum fehlen diese Mittel? Warum gibt es nicht mehr Solidarität von Frauen in reichen Ländern für die Familienplanungsbedürfnisse von Frauen in armen Ländern? Warum kämpfen Abtreibungsgegner so stark für den Erhalt des Lebens VOR der Geburt während das Leben NACH der Geburt (Kriegsopfer, Vergiftung der Mitwelt) von ihnen kaum geschützt wird? Warum fokussiert man auf den Fussabdruck pro Kopf (2000 W Gesellschaft) ignoriert aber die Anzahl Köpfe? Warum fehlt die Empathie für Kinder, die schon mit 13 schwanger werden? Warum verhindern Staatschefs wie Erdogan, Franziskus, Magufuli (Tansania) und viele andere, dass Menschen auf würdige Art die Zahl der Familienmitglieder selbständig bestimmen können?

Fragen wie diese werden im Vortrag und bei der Diskussion behandelt. Wie können wir dazu beitragen, damit dieses verschwiegene Leiden gemildert werden kann?

 

 

 

Zeiträume – Währungsräume – Lebensräume
So gestalten wir gemeinsam einen zukunftsfähigen Generationenvertrag. Sowohl für jeden einzelnen Menschen, als auch für die ganze Menschheitsfamilie.
Ivo Muri -  Zeitforscher

 

Nach 30 Jahren Deregulierung, Privatisierung und Entnationalisierung steht Europa vor der alles entscheidenden Frage, wie sozialer Frieden sowohl innerhalb der lokalen Bevölkerung, als auch zwischen den Nationen gelingen soll. Die Nationalstaaten in Europa sind in ihrer Kraft zum Schutz der Bevölkerung nach innen stark erodiert und aufgeweicht. Der Krieg zwischen den Nationen wird zunehmend ersetzt durch den globalen Wirtschaftskrieg zwischen den Kontinenten, mit den Hauptkontrahenten China und USA.

Welche Rolle spielt die Organisation von Politik und Wirtschaft im Hinblick auf sozialen Frieden? Welchen Zusammenhang gibt es zwischen einem Generationsvertrag und einem Währungsraum? Kann der politische Raum und der Währungsraum unabhängig voneinander organisiert werden?

Ivo Muri beantwortet in seinem Referat diese Fragen und zeigt mit seiner «Theorie optimaler Lebensräume» auf, wie ein zukunftsfähiger Generationenvertrag zum Nutzen von Mensch und Umwelt entwickelt werden kann. 

 

 

Mikrosteuer* und das bedingungslose Grundeinkommen (BGE)
Oswald Sigg

 

Das Bedingungslose Grundeinkommen „wird den Kapitalismus vollenden“. Vor 500 Jahren begann es mit ‚Utopia‘, worin Thomas Morus unter anderem die Aufhebung des Privateigentums und die Vergemeinschaftung des Besitzes vorschlug. Heute stehen wir vor der Entwicklung einer sozialen Ökonomie, die künftig aus zwei Pfeilern bestehen wird: dem BGE für sämtliche Menschen, die sich in einem EU-Staat aufhalten einerseits. Und der Finanzierung des Grundeinkommens über eine Mikrosteuer auf der EU-Finanzwirtschaft anderseits. Das direktdemokratische Labor für Versuche mit dem BGE und der Mikrosteuer* ist die schweizerische Eidgenossenschaft. Sie ist das einzige Land, in welchem politische Ideen aus dem Volk mittels Volksabstimmungen auch umgesetzt werden können. 
*Mikrosteuer: Sämtliche Zahlungen werden mit 1 oder 2 Promille mikrobesteuert. D.h.: wenn Du von Deinem Postfinance-Konto 100 CHF am Postomat beziehst, gehen 10 oder 20 Rappen in die Bundeskasse. Die grossen Erträge werden aber aus dem spekulativen Rohstoff- und Hochfrequenzhandel stammen. 

 

 

 

Die Strategie der friedlichen Umwälzung

Christoph Pfluger

 

So geht es nicht mehr weiter, wenn es so weitergeht. Besser als Erich Kästner kann man den Zustand der Welt nicht beschreiben.

Zwar geht es uns so gut wie noch nie: Lebenserwartung und Sicherheit steigen, Armut und Hunger gehen zurück. Von allem gibt es jedes Jahr ein bisschen mehr. Aber obwohl wir uns gewissermassen auf einem Höhepunkt der Zivilisation befinden – manchenorts sogar in Überfluss –, wachsen Angst und Stress, die Arbeitszeiten steigen, die Löhne sinken, die Kriegsgefahr wächst, die Arten sterben – sogar Wissenschaftler verbreiten Endzeitstimmung.

Es ist Zeit für die Erkenntnis, dass die Zerstörung der Welt schneller vorangeht als ihre Reparatur. Notwendige Reformen werden entweder verwässert, verhindert oder ihre Exponenten aus dem Verkehr gezogen. Was wir erreicht haben, sind bloss kleine Verbesserungen auf Nebenschauplätzen, die uns von der Tatsache ablenken, dass wir immer tiefer im Sumpf versinken.

Wenn nichts wirklich wirken will, müssen wir die Hindernisse identifizieren und eine Strategie entwickeln. Wenn das Geld die Welt regiert, uns zu Ausbeutung und Wachstum zwingt, wenn es Konflikte fördert und uns unter unbezahlbaren Schulden begräbt, dann müssen wir es entmachten, bevor es die Macht über unseren Geist vollends errungen hat.

Das Unmögliche ist möglich. Aber wenn wir die friedliche Umwälzung nicht einmal zu denken wagen, wird sie mit Sicherheit nicht eintreten. Deshalb ist es Menschenpflicht, wieder ernsthaft über Revolution zu sprechen – nicht über Gewalt und Pflastersteine, sondern über eine Revolution der Erkenntnis, des Mutes und des Friedens.

 

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